Dia III zieht blank
Sowas nennt sich dann wohl Clickbait. Oder auch Nichtclickbait. Es geht jedenfalls um den Auswärtskampf der dritten in Blankenese. Und da Rainer mich zuerst aus der Reserve gelockt hatte, um einen mal wieder krankheitsbedingten Ausfall kurzfristig zu ersetzen (in meinem Sabbatjahr scheine ich mehr Einsätze zu bekommen als in den letzten regulären Saisons…), und mich dann bei der Hauptversammlung aus der Reserve gelockt hatte mit „Es fehlen noch Berichte der dritten Mannschaft“, wollen wir doch einmal die bei eben jener Versammlung angesprochenen zwei Sätze zum Kampf schreiben.
1: Es ist schön, dass Blankenese unseren Joachim ehren will, aber sie haben sich leider verschrieben, die Adresse hätte „Hemminghauser Weg“ lauten müssen, nicht „Hemmingstedter Weg“. Aber so einen Tippfehler zu korrigieren kann im bürokratisierten Hamburg nun einmal dauern, man frage unseren ehemaligen Kassier oder erinnere sich an außerordentliche Hauptversammlungen.
2: Ansonsten merkte man sehr schnell, dass Blankenese nicht Harburg ist. Die Vornamen der Tennistrainingsgruppen kamen doch aus einer anderen Klasse.
3: Man merkt, dass der Berichterstatter „zwei Sätze“ nicht kann. Die zwei Sätze sind schon jeweils zwei Sätze in sich selbst, und hier ist noch ein dritter Satz aus zwei Sätzen, also geben wir jeden Versuch der Struktur auf.
In der Aufstellung Michael, Rainer L., Rainer J., Detlef, Joachim, Jürgen, Manfred, Marten gingen wir deutlich favorisiert ins Rennen (der Schnitt schlug um 242 zu unseren Gunsten aus). Allerdings hat bereits Dia II bitter erfahren müssen, dass mehr Zahl nicht immer mehr Punkte heißt, von daher war für Hochmut kein Platz. Der zugehörige Fall blieb auch aus, einige Schräglagen ergaben sich jedoch schnell: Joachims Struktur zerschoss sich schnell selber, Rainer L. hatte ebenfalls unschön in der kurzen Fianchettorochade einen weißen Bauern auf h6 gepflanzt bekommen und verpasste es, die gegnerischen Angriffsfiguren abzutauschen, bei Rainer J. marschierte ein schwarzer Gegenbauer vor und vorer und schrie nach Beachtung, bei Jürgen kam ein Bauer abhanden.
Auf der Habenseite standen eine sehr aktive Stellung bei Michael mit den Gegner störenden Bauernkette und uneingeschränkter Hoheit über die offene a-Linie, und eine Traumstellung von Manfred, der den gegnerischen Läufer Stück um Stück nach b8 zurücktrieb und mit eigenem Bauern b6 und gegnerischen Bauern a6, b7, d6 sowie Ta8 einfach massiv virtuelles Mehrmaterial hatte. Der gegnerische Angriff am Königsflügel besaß hingegen keine besondere Durchschlagskraft. Weder Soll noch Haben hingegen bei Detlef. Bei mir war die Stellung auch im Gleichgewicht, ich hatte allerdings etwas riskanter gespielt als ich wollte und musste meine Stellung daher wohl hüten.
Allerdings sollte ich als erster fertig werden, nach Generalabtausch kam ich in ein Endspiel mit besserer Struktur, in dem meine Gegnerin mir zunächst remis bot (Annahme verboten durch den Mannschaftsführer) dann eine kleine Falle übersah und einen Springer geben musste. (Den sie, wie Computeranalyse zeigte, gar nicht geben musste, es gab ein Fluchtfeld, auf dem ich den ungedeckten Springer auf drei verschiedene Weisen nehmen konnte, aber aus verschiedenen taktischen Gründen nicht durfte). 1:0 für die Diagonale.
So sollte es allerdings nicht all zu lange bleiben. Joachim nutzte die zerschossene Rochadestellung um seine Schwerfiguren auf den nun unfreiwillig halboffenen Linien in Stellung zu bringen, derweil sein Gegner einige Bauern aß. Dann konnte schwarz leider ebenfalls einen Generalabtausch erzwingen und so ohne Figuren machen 3 Bauern weniger keinen Spaß, 1:1.
Jürgen sollte als nächster fertig werden. Er rettete seinen Wenigerbauern in ein Turmendspiel, das normal problemlos haltbar sein sollte, und nachdem sein Gegner einige Tempi liegen ließ, drohte er sogar dank entfernten potenziellen Freibauerns gegen Gewinnversuche sehr gefährlich zu kontern, sodass der Blankeneser Mannschaftsführer Jürgens Gegner schließlich nach mehreren Anfragen erlaubte Remis zu bieten. 1½:1½.
Dann war Manfred dran. Er schlug den Gegenangriff zurück, stand besser und besser und inzwischen bereit, virtuelles in reales Mehrmaterial umzumünzen, wurde einen Hauch zu sorglos, und die schwarze Dame h7 erlebte ein Comeback, holte sich noch türmliche Unterstützung, und aus heiterem Himmel war es Matt. 1½:2½, uppsala.
Eine Scharte, die Detlef auswetzen konnte, ebenso aus heiterem Himmel erlaubte ein Gabelmotiv es, eine eigentlich gedeckte Figur zu schlagen, und so mit Mehrspringer bieten Endspiele Mehrgewinnchancen, was sich Herr Doktor Menges nicht entgehen ließ.
Rainer J. hatte zwischenzeitlich diverse Ideen, Gegenspiel zu bekommen, sah jedoch überall eine Verpflichtung, schnell zurück zum gegnerischen d2-Bauern zu kommen, und baute eine Stellung auf, in der eine Art Überlastung der Verteidigung entstand. Durch Turmopfer konnte er die schwarze Defensive ablenken und auf einmal sagte die Dame Dauerschach. 3:3, die beiden Spitzenbretter spielten noch.
Dort hatte sich seit meinem letzten Bericht allerdings einiges getan. Rainer L. konnte die übelsten Eindringereien in seine Rochade abwenden und in ein Turm-Springer-Endspiel überleiten, das nicht ganz einfach war. Ob der Gewinn eines Mehrbauern unter Zulassen der besseren Positionierung der gegnerischen Klötze richtig war, das wäre zu analysieren. Ich hätte ihn wohl auch gespielt, allerdings mit Magenschmerzen. Turmtausch, Springerendspiel mit Mehrbauer, aber gegnerischer Freier auf der 6. Reihe und aktiverer König gegen ihn.
Was Michael hingegen ideete, nun, es klappte nicht. Er zog die schweren Figuren von der offenen a-Linie (der einzigen offenen) ab, um auf e5 durchzubrechen und diese Linie zu öffnen – leider musste er dann erkennen, dass das leider nur ein Bauernverlust war, da wiedernehmen nicht ging, weil alles gefesselt und dann genommen werden könnte. Nun musste er bergauf zaubern.
In der Summe also eher eine Niederlage als ein Sieg für uns, insbesondere, da der bessere weiße König Rainers Mehr- in einen Wenigerbauern verwandelte (auch wenn dafür der gefährliche freie genommen werden konnte). Rainer schaffte es dann jedoch mit Springeropfer die gegnerische Bauernzahl hinreichend für ein Remis auf null zu reduzieren. 3½:3½.
Und bei Michael? Er hatte wenigstens etwas Angriffsspiel bekommen, das gegnerische Läuferpaar war eher passiv, und so sah sich sein Opponent gezwungen, mit der Dame den Springer zurückzutreiben, was in einer Zugwiederholung endete. 4:4 nach fast voll ausgereizter Spielzeit. Das berühmte blaue Auge also, der nicht als Ziel ausgegebene Aufstieg ist noch möglich, aber so nicht.
Und der (zumindest für mich) neue Pächter der Vereinskneipe machte schon um 22 Uhr zu, davor war dort eine Unternehmensberatertagung, sodass es kein Bier mehr gab. Hatten wir eh nicht verdient.