Dreh Dich nicht um, der Abstiegsplumpsack geht um
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Nun also stand es an, das Pinökelduell Diagonale gegen St. Pauli 3. Nach dem wenig erfolgreichen Start unserer knuffigen Hoffnungsträger in die Saison musste Bundes-Joni Löw schon zu besonderen Maßnahmen greifen, sollte sein Stuhl nicht noch mehr wackeln müssen als ohnehin schon. Und so ging es getreu unseres Vereinsmottos „Unus, duo, bibimus“ am Samstag zu teambildenden Maßnahmen in eine Lokalität im außerhalb Hamburgs gelegenen Lüneburg. Das Wetter meinte es gut mit uns, irgendein Unfall sorgte jedoch für bis zu 60 Minuten Verzögerung bei der Anreise, mit dem Pech, dass beim Abfahrt an der gesperrten Ausfahrt sofort die Hütchen abgebaut wurden und der Verkehr fünf Autos hinter einem wieder rollte (mit den sich daraus ergebenden Vorwürfen „Wer kommt auch um Viertel vor, wenn es heißt viertel vor bis voll?“ oder „Hättest Du nicht länger nach dem Schlüssel suchen können?“), das musste aber dann vor Ort an Teambildung schnell nachgeholt werden.
Und da ich, neben Spielerfrau Yvonne und Jonny, der einzige war, der nicht spielen musste, und da so ein komisches Holzfass auf dem Tisch stand, könnte es mir heute schwer fallen, hokä… käho… kohänert… zusammenhängende Gedanken zu formulieren.
Sei dem wie dem wolle, unsere Aufstellung hielt heute für die Kiez-Steinchenschieber manche Sürprise bereit. Ohne Niels-Jørgen, dafür mit der halben dänischen Damen-Olympiamannschaft wollten wir wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt sammeln und dem HSK 1 zeigen, dass man immer noch langsam hoch kann. Also kommen wir zu den Aufstellereien im Spiellokal „abseits jeglicher Zivilisation“, wie es im Bericht von HSK XIX heißt. An 1 Christoph gegen Thomas Wolloner (DWZ 2110, Elo 2140), an 2 Matthias gegen Divyam Martin-Sommerfeld (2062/2113), and 3 Esmat gegen Carsten Kluth (2031/2139), an 4 Thomine gegen Andreas Verweyen (2023/2042), an 5 Martin gegen Thomas Schüttler (1939/1978), an 6 Dave gegen Swen Neander (1980/1971), an 7 Andrei gegen Thorsten Wennmann (1924/2039) und an 8 Daniel gegen Jörg Dinckel (1915/1992). Rein zahlativ waren wir also erneut im Hintertreffen, dafür sahen wir zum fünften Mal in dieser Saison besser aus, wenngleich natürlich nur knapp. Obwohl ich mich selber da noch nicht einmal reinrechne. Pfeife war Dr. Jörg Schwarzkopf, diese Saison zum ersten Mal aber letztes Jahr waren wir mit ihm so schlecht nicht gefahren, also lauter gute Omen.
Wie so oft ging es erst einmal relativ beschaulich los, sodass es nach einer dreiviertel Stunde tatsächlich immer noch 0:0 stand (vergleiche auch Meldung auf der Homepage des SV Diagonale). Also schauen wir mal, was sich so tut. Christoph hat auf Umwegen einen königsindischähnlichen Angriff auf die weiße Königsbastion gezaubert, Matthias bewegte sich im weitgehend symmetrischen aber vorteilhaften Bereich, während Esmats Stellungssymmetrie ausgeglichen erschien. Thomine kam noch nicht ins Rollen, Martin stand stocksolide und Andrei stand ebenso, während Dave und Daniel mit den Anspruchshaltungen zu kämpfen hatten, die sich aus einer gut umgesetzten Anzugsinitiative so ergeben.
Daniels Anspruchshaltung sollte sich aber schnell aufgeben, beziehungsweise umsetzen und der Gegner aufgeben. Einmal mehr zeigte sich, dass weiße b2-Bauern unschlagbar sind, und wenn man sie doch schlägt, dann kann sich das übel rächen. Im konkreten Fall durch eine Taktik in einer für schwarz schon unangenehmen Stellung, und Turm weniger, das wollte man dann doch nicht mehr sehen. 1:0 für die Guten. Und das 2:0, wie lange würde es auf sich warten lassen? Sehr lange, zumindest bis zur nächsten Runde, denn Esmats Stellung war so symmschnarch, dass keiner mehr Lust hatte, sie anzusehen, und so wurden die Klötze auf ihre Ausgangsfelder zurückbewegt, nur die Könige gingen nach e4 und e5.
Mal ein schneller Rundblick: Christoph hatte eine gute Chance, seine 100% Remisquote zu verteidigen, zwei Mal stand die selbe Stellung schon auf dem Brett, würde er es zu einer drei machen? Matthias weiter mit Winzvorteil, dafür Thomine jetzt mit doch eher defensiven Tendenzen. Martin okayte sich weiter durch die Stellung, während Dave einen Nagel in den hoffentlich bald Sarg des schwarzen Königsflügels drillte. Und Andrei schien einfach eine Figur gewinnen zu können. Summarisch war nicht nur ein Sieg, sondern sogar ein ebensolcher mit Anlauf und Trara im Rahmen des Möglichen.
Das geht so natürlich nicht, nicht bei uns, nicht diese Saison. Martin übersah ein Damenflügelauflaufmotiv, und wenn man einmal daneben greift, dann auch zwei Mal, und so war es auf einmal Qualle und Bauer weniger in passiver Stellung – und auch wenn jetzt jeder Trick versucht wurde, in den Rahmen der Remisbreite geriet die Partie nicht mehr und so würde sie später zum Eins-Komma-Fünf-Ausgleich führen. Andrei fürchtete sich vor zu viel Gegenspiel bei dem Figurengewinn und ließ ihn nach langem Nachdenken aus, statt dessen kam es zu Doppelspringer gegen Rookie and his Pawns, aber mit wenig Restzeit, sehr wenig. Dave wurde zwar von Bauern vorübergehend zurückgedrängt, allerdings sahen diese Bauern relativ alleine und anfällig aus, und so schien es eher sprungfederig und die weißen Klötze würden demnächst mit Getöse über den schwarzen Monarchen herfallen können. Christoph hingegen entschied sich nach langem Nachdenken, seine Serie zu versaubeuteln und nahm nicht den Spatz in der Hand, sondern gab Qualle und Bauern auf dem Dach für einen Angriff, der sich aber auf den ersten Blick sehr gut geduscht zu haben schien. Matthias – weiter vorteilig, da könnte doch mal ein Bauer abfallen? Thomine allerdings war jetzt doch weitestgehend auf ihre Defensivqualitäten reduziert.
Jetzt ging es aber leider erst einmal in die falsche Richtung. Dave, schon seit langem mit Wenigerbauern für die gute Stellung, fand den Gewinn nicht und opferte sich lieber zum Dauerschach statt sich langfristig ausdrücken zu lassen. Andrei verstolperte sich unter Zeitdruck und musste die Uhr anhalten. Christoph kam aus dem Angriff zwar mit einem sehr guten aber definitiv nicht ganz einfachen Endspiel mit allerdings sieben Milliarden Freibauern heraus. Thomine stand immer mehr unter Druck. Und bei Matthias war nicht ganz klar, ob er nun einen Mehrbauern würde bekommen können oder in einem Endspiel TLLfgh auf beiden Seiten aus etwas aktiveren Figuren etwas zaubern muss. Nun, letzteres, aber der Zaubertrick danach war gar nicht einmal so extremst komplex – T, L und L fielen in drei koordinierten Zügen (fairerweise je einer pro Figur) über die schwarze Royalität her, und prompt musste der Onkel einen seiner eigenen Läufer an den Spielfeldrand abkommandieren, der 3:3-Ausgleich.
Und da Christoph zeigte, dass er sich vor komplizierten Endspielen nicht fürchtete und seine Bauern vor und vorer schob, deutete sich an, dass alles davon abhängen würde, ob Thomine eine Stellung des Typs „Hier stehe ich, ich kann nicht anders – aber Du jetzt auch nicht mehr“ hinbekommen könnte. So kam es dann aber nicht, denn ihr Gegner gewann erst mal einen Bauern. Um danach erstaunt festzustellen, dass das die Figuren etwas ungünstig hinstellte und auf einmal war Thomines a-Bauer es, der mal kurz einen Schritt nach vorne machte und damit subtil andeutete, dass er nach nur zwei weiteren die Partie entscheiden würde.
Was er dann auch tat. Ein 5:3-Sieg, der am Ende durch Thomines Konter zwar etwas glücklich war, aber vorher hätte deutlich, gar sehr deutlich höher ausfallen können. Dave hatte bis zum Entschluss ins Remis abzubiegen nur gut gespielt und stand klar auf Gewinn, Andrei wohl auch, auch wenn da die Analyse noch einmal aufgenommen werden muss, und Martins Niederlage tat so auch nicht not. Hier haben wir vier (ich tue mich mal wegen meiner letzten Partien mit in diese Gruppe) in dieser Saison etwas die warme, weiche, braune Masse an den Fingern, nein, kein frisches Mousse au Chocolat, aber wenn wir die Serie durchbrechen und wieder etwas breite Brust tanken, dann ist die Sache mit dem Klassenerhalt noch lange nicht vom Tisch. Wir sind jetzt jedenfalls wieder mittendrin im Pack, das nicht runter will.
Und da im Dubrovnik heute darüber gelästert wurde, dass ich immer über Matthias‘ Steak Lady lästere, erwähne ich es heute besser nicht.