Firstly comes it other, and secondly than one thinks
Heute ist wieder einer der verdammten Tage, die ich kaum ertrage, und mich ständig selber frage… aber lassen wir Smudo und Consorten mal weg. Denn auch, wenn der Text dieses Liedes (mit „wir“ statt „ich“) mehr Relevanz als nur das Wort „König“ enthält, so ist es doch vorgreifend und gleichzeitig immer noch abwegig.
Blicken wir also zurückgreifend auf den Beginn des Tages: Früh am Sonntag kamen die Gäste aus St. Pauli in den wunderschönen Stadtteil Diagonale, südlich von Schwarzweiß gelegen. Sie genossen nicht nur das sonnige Wetter des Typs „Hamburg im April“, sondern bauten auch massiv mit auf, wofür ein vorgezogener Dank ausgesprochen wurde. Sie erbaten sich im Gegenzug dann scherzhaft Gastgebergeschenke, ebenso scherzhaft verbaten wir uns dieses. Und es wurde losgespielt.
Zu den Aufstellungen: es spielten Niels Jørgen gegen Maik Richter (Elo 2203/DWZ 2171), Christian gegen Jakob Goepfert (2097/2118), Christoph gegen Michael Schütze (2190/2137), Matthias gegen Guido Schleicher (2246/2232), Gregor gegen Dirk Grote (2109/2062), Martin gegen Divyam Martin-Sommerfeldt (2098/2052), Marten gegen Bernd Wronn (2169/2138) und Etienne gegen Torsten David (2067/2042). In der Summe hatten wir vielleicht vorne etwas zu vermelden, allerdings das übliche Problem der hinteren Bretter. Wobei wir zeitgleich natürlich im bisherigen Saisonverlauf mehr als die Paulianer abgreifen konnten, weswegen sie tiefer im Sumpf des Abstiegs, wir tiefer in der Melancholie des Wird-wohl-doch-nichts-mit-dem-Aufstieg steckten.
Andreas Albers pfiff an, und in betriebsamer, nachgerade panischer Hektik begannen die Partien (das Zeitenprotokoll zeigt deutlich, dass nach 2 Stunden teilweise bis zu 8 Züge gespielt wurden). Und wie sie begannen. Niels Jørgen spielte sein übliches unklar, Christian hingegen kannte seine Variante und hatte in sehr kurzer Zugzahl eine Stellung erreicht, bei der ich im Blitzen gegen gleichpatzige Gegner der Meinung wäre, das müsse doch gewonnen sein, nun wird sich Jakob aber etwas gedacht haben bei dem, was er tat. Christoph an 3 und Gregor an 5 standen mit schwarz komplex aber schön aktiv (Gregor noch etwas mehr als Christoph), das ließ sich fein an, während Matthias an 4 und Martin an 6 einfach mal einen Bauern gewannen, Martin obendrein auch noch mit extrem druckiger Stellung, Matthias „nur“ ein Bauer, aber Schwarz schien bar jeden Ansatzes von Gegenspiel. Ich hatte an 7 endlich einmal, nach 4 Jahren, vorbereiteten Gegner UND vorbereitete Variante, vergaß aber schon den 6. Zug, spielte jedoch dennoch nicht so schlecht, wie es sich anfühlte, während Etienne an 8 mit Leichtfiguren in symmetrischer Bauernstruktur so breit in der Remisbreite steckte, dass da durchaus einiges an Remis zu erwarten stand.
Es begann Martin, der Divyams letzten Trick abwehrte und einfach eine Figur gewinnen würde, sodass er das 1:0 schoss. Schnellanalysen ergaben zwar, dass man noch etwas hätte versuchen können, auf einen sich bildenden a-Freibauern zu setzen, und Martin noch hätte Vorsicht walten lassen müssen, aber grundsätzlich müsste das schon in Ordnung sein. Niels Jørgen nutzte die Zeit um seine passive Stellung zu verbessern, auch Gregor stand zunehmend angenehmer, während Christian einen gesunden Mehrbauern aus der schönen Stellung herauszog, und auch ich nach einigen vielleicht zu friedfertigen Zügen Bernds auf einmal mit Leichtfiguren auf Traumfeldern stand und einen Bauern ohne Gegenwehr schlagen durfte. Etienne tauschte weiter, Gregor spielte weiter munter voran, Matthias ließ nichts anbrennen – das würde einmal ein sehr schönes Ergebnis werden können, wenn es groß und stark ist.
Ich erlaubte mir jetzt einmal einen Patzer – wenn ich schon nicht einmal mehr zum Kaffeekochen gebraucht werde, dafür bin ich immer noch gut – ein falscher Zug in sehr guter Stellung ermöglichte einen Generalabtausch, und mein Mehrbauer war im ungleichfarbigen Läuferendspiel wertlos, da es zu wenig Asymmetrien oder Drohungen gab. Mindestens das letzte Turmpaar hätte eben auf dem Brett verbleiben müssen. Nun ja, 1,5:0,5, war eine Schwarzpartie, da darf man ja auch mal. Insbesondere, weil Matthias gewann, zu wenig Gegenspiel gab es, also 2,5:0,5.
Ein Rundblick auf die Bretter zeigte: unsere drei Schwarzpartien (NJ, Christoph, Gregor) alle angenehm aber, außer eventuell bei Gregor, ohne all zu Zwingendes; die Weißpartien remislich – Christian war sein Bauer wieder abhanden gekommen, Etienne einiges Material, aber komplett im Gleichschritt mit Torsten. Letztlich immer noch fast alles für uns schöner, Maik Richter schätzte hier laut eigener Aussage ein 6:2 für die Diagonale ab.
Aber wenn ich das schon so schreibe, dann kommt doch alles ganz anders: Christoph stellte halbzügig Material weg und konnte aufgeben. Niels musste ins Remis, ungleichfarbige Läufer mit Mehrbauern kann man nicht immer gewinnen – hier aber mit deutlich mehr beidseiten Trickideen als an Brett 7 damals. 3:2. Christian hatte auf einmal weniger Material. Etienne musste inzwischen aufpassen, der Gegner wurde zusehends aktiver. Gregor stellte einen Bauern und Stellung weg und gab auf – hätte vielleicht noch weiterspielen sollen, denn seine Stellung war besser als die von Etienne, und Christian hatte jetzt auch das dritte Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern, aber mit Wenigerbauern, und beim Stand von 3:3 wurde uns ganz blümerant zumute. Und es kam, wie es kommen musste, Etienne musste leider aufgeben unc Christian konnte das Endspiel zwar entspannt remis halten, aber das reichte nicht mehr. Also 3,5:4,5. Soooo scherzhaft war das „wir machen keine Geschenke“ nicht gemeint, mehr nett flachsend, aber wir wollten wirklich keine machen. Gut, St. Pauli sind nette Jungs, aber so viel gleich? Christian warf einen klaren Gewinn weg (wie sich später herausstellte, ging in einer hochtaktischen Stellung mit Abzügen, Gabeln und erstickten Türmen einfach ein langweiliges Schwerfigurenvertripelungsmotiv statt „konkreter Taktik“.), wobei er später sogar auf Verlust gestanden haben dürfte, Gregor stand zumindest nicht schlechter als er die Partie wegstellte, ebenso Christoph, meine Stellung hätte ohne den Turmtausch noch viel Potenzial gehabt – ob zum Gewinn ausreichend ist unklar – Etienne musste beileibe nicht verlieren. Somit waren Martin und Matthias frustriert, die statt ihre schönen Siege feiern zu können, nur von Muffelfressen umgeben waren, denn alle anderen waren ob der individuellen Leistung extrem frustriert. Die Niederlage gegen diesen Gegner an sich war nicht einmal das Problem, eher der Verlauf, nach 2-Punkte-Führung und ohne eine einzige schlechte oder auch nur kritische Stellung zu verlieren zeugt nicht von Stabilität.
Martin hatte immerhin noch ein weiteres Erfolgserlebnis: im Dubrovnik kann er jetzt für alle Diagonalen ersatzbestellen, hier sind wir sehr ausrechenbar. Am Schachbrett müssen wir jetzt allerdings anders rechnen: 6:6 Punkte und ein hammerhartes Restprogramm – das könnte reichen, denn die unter uns müssen auch erst einmal punkten, und auch das Bad Homburger Orakel bleibt trotz der letzten Enttäuschungen im Bereich zwischen 0,5% und 1% Abstiegswahrscheinlichkeit. Aber es könnten halt auch locker 0 sein.